"Der Landkreis hätte 600 000 Euro gespart und noch ein intaktes Schulland­heim, wenn der Landrat damals mit der gemeinnützigen Gesellschaft verhan­delt hätte", kritisiert Jörg Wieland, Fraktions-Chef der SPD im Göttinger Kreistag. Die Erklärung des Landrates enthalte eine "buchhalterische Milchmädchen-Rechnung". Die SPD-Fraktion ergänzt deshalb den Fragenkatalog an den Landrat.

Die SPD reagiert damit auf Äußerungen des Landrats zur Schließung des kreisei­genen Jugend-und Schullandheimes Pelzerhaken an der Ostsee im Jahr 2007. Dieser hatte gesagt, der Landkreis habe durch die Schließung 600.000 Euro an Betriebskosten gespart. "Das Entscheidende sind nicht die Betriebs­kosten, sondern die Euros, die der Landkreis weiterhin Jahr für Jahr als Eigen­tümer zahlen muss. Dem stehen nach der Schließung keinerlei Einnahmen mehr gegenüber", kritisiert Wieland. "Die Angaben des Landrates sind nichts anderes eine buchhalterische Milchmädchen-Rechnung", sagt er.

Der Landkreis müsse als Eigentümer außerdem für bauordnungsrechtlich ein­wandfreie Zustände im Jugend-und Schullandheim sorgen. Auch aus diesem Grund mache der Verfall des Jugend-und Schullandheimes der SPD-Fraktion sehr große Sorgen, erklärt Wieland. Denn das von Anwohnern als "Schand­fleck" bezeichnete Schullandheim verstoße unter anderem massiv gegen das Verunstaltungsgebot. Für bauordnungsrechtlich einwandfreie Zustände zu sorgen, werde dem Kreis noch viel Geld kosten, befürchtet Wieland.

Ronald Schminke, Mündener Kreis-und Landtagsabgeordneter, kritisiert zudem erneut den ausgehandelten Kaufvertrag. "Der Landrat hat gehandelt wie ein verantwortungsloser Spekulant an der Börse. Er hat einen Kaufvertrag abgeschlossen, bei dem der Landkreis alle Risiken trägt und der Investor keine." Der eigentliche Skandal dabei sei, so Schminke, dass der Landrat und die CDU/Grüne-Kreistagsmehrheit den Vertrag bis zum 30. November 2011 verlängert hätten. "Dann ist der Landrat nicht mehr im Amt und meint, sich so aus der Verantwortung stehlen zu können." Dass der Investor das Grundstück auch ohne Baurecht kaufe, wie der Landrat verkündete, bezeichnet Schminke als lächerlich. "Eher wird die Weser bergauf fließen, als dass der Investor das Grundstück ohne Baurecht kauft. Eine solche Hoffnungs-Äußerung zeigt, wie groß das Ausmaß der Verantwortungslosigkeit beim Landrat wirklich ist", kritisiert Schminke.

Die öffentliche Stellungsnahme des Landrates vom 24. April 2011 gebe keine Antworten, sondern werfe weitere Fragen und Ungereimtheiten auf. Deshalb werde die SPD-Fraktion eine weitere Anfrage an die Verwaltung stellen müssen, kündigt Schminke an. Die Fraktion wolle wissen, aus welchen Gründen 16 von 17 Interessenten ihr Kaufangebot zurückgezogen hätten und welche Interessenten es gegeben habe. Außerdem will die Fraktion wissen, auf welcher Grundlage das Niedersächsische Innenministerium eine Aussage zum "vollen Wert" des Grundstückes treffen konnte? "Es ist unsere Pflicht, dass wir hier zur vollständigen Aufklärung beitragen", begründen Schminke und Wieland.

Auf Betreiben des Landrates und mit Stimmen der schwarz-grünen Mehrheit im Kreistag war das Jugend-und Schullandschulheim Pelzerhaken 2007 geschlossen worden. Ein Übernahme-Angebot der gemeinnützigen Gesell­schaft ACTIO gGmbH mit der rechtsverbindlichen Erklärung, der Landkreis werde von allen laufenden Kosten freigestellt, war vom Landrat unbeachtet geblieben. Ein Förderverein, der sich zum Erhalt des Jugend-und Schullandheimes Pelzerhaken gegründet hatte, hatte unter anderem argumentiert, mit einer vernünftigen Bewerbung des Schullandheimes als Freizeitort könne die Einrichtung problemlos kostendeckend geführt und müsse weder verkauft noch geschlossen werden.