Die Mitglieder der SPD-Fraktionen in den Kreistagen von Göttingen und Osterode haben sich vor Ort über das Grenzdurchgangslager Friedland und das kürzlich eröffnete Museum informiert. Dabei wurde nicht nur an die Gründungsphase im Dreieck dreier Besatzungszonen erinnert, sondern auch an die wechselvolle Geschichte der überregionalen Einrichtung, die schon häufig überfüllt war, im Moment aber eine eher ruhige Phase erlebt. Für die meisten Harzer Kollegen war es der erste Besuch in Friedland.

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Klaus Magnus, stellvertretender Vorsitzender der Friedlandhilfe e.V., führt die Kreistagsabgeorndneten durch Museum und Lagergelände.

Die Wurzeln des „Grenzdurchgangslagers“ Friedland und des vom Land geförderten Museums Friedland liegen an den Schnittpunkten der britischen, amerikanischen und sowjetischen Besatzungszonen südlich von Göttingen. Als Europa in Trümmern lag, wurde das Lager Friedland am 20.September 1945 auf Anordnung der Briten zur Durchschleusung und ersten Betreuung von Evakuierten und Flüchtlingen eingerichtet, zunächst provisorisch in den Viehställen des Versuchsgutes Friedland der Universität Göttingen. Eine relativ unbeschädigte Bahnstrecke ermöglichte die An- und Abreise der Durchgeschleusten.

Binnen kürzester Zeit wurden Blechbaracken errichtet, die so genannten Nissenhütten, die ein Kanadier namens Nissen entwickelte. Bis Ende 1945 hatten bereits mehr als 500.000 Flüchtlinge, Vertriebene und Heimkehrer die Einrichtung „durchlaufen“, in den Jahren 1946 und 1947 war Friedland die erste Anlaufstelle für fast 800.000 Menschen.

Karteikarten zum Anfassen.

Jede ankommende Person musste und muss mit allen Personendaten erfasst werden. In dieser Museums-Abteilung geht es um die Verdeutlichung von schicksalhaften Lebensläufen der Menschen. Zu ihnen gehört übrigens auch Rolf Zick. Der betagte Journalist und Vorsitzende der Landespressekonferenz trat noch im Frühjahr als Zeitzeuge in Erscheinung und gab Fernsehinterviews mit sehr lebendigen Schilderungen seiner Erlebnisse nach 1945. Die Erinnerungen hält Zick bis heute wach.

Im Februar 1948 übernahm das neu eingerichtete Niedersächsische Ministerium für Flüchtlingsangelegenheiten die Verantwortung für das Lager Friedland, heute liegt die Dienst- und Fachaufsicht beim Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport. Auf dem Gelände ist auch der Bund präsent, um Asylverfahren zu bearbeiten.

Im März 1950 begann die Familienzusammenführung der Deutschen aus Polen und somit die erste große Aussiedlerwelle. Friedland ist im Laufe der Jahre immer wieder Anlaufstelle für Flüchtlinge aus verschiedenen Ländern gewesen. Waren es 1956 die Ungarnflüchtlinge, so trafen Ende Dezember 1973 die ersten Chilenen als Asylbewerber in Friedland ein. Ende November 1978 kamen die ersten Vietnamesen (Boatpeople), nur mit einer Decke bekleidet und ohne Schuhe, als Kontingentflüchtlinge an. Ende 1984 mussten Tamilen, die Sri Lanka in einer großen Flüchtlingswelle verlassen hatten, aufgenommen werden. Im Juli 1990 wurden 370 Albaner aufgenommen, und zwischen Juli 1998 und September 2000 war das GDL auch Aufnahmestelle für jüdische Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion. Seit März 2004 wird diese Aufgabe wieder in Friedland wahrgenommen.

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Der Suchdienst hat über lange Jahre eine große Rolle gespielt. Viele Familien konnten auf diesem Wege zusammengeführt werden.

Seit seiner Gründung 1945 war das „Tor zu Freiheit“ für mehr als vier Millionen Menschen aus ganz verschiedenen Gründen erste Anlaufstelle in Deutschland. 2011 wurde das Lager im Zuge stark rückläufiger Aussiedlerzahlen Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber. Das im März 2016 eröffnete Museum im ehemaligen Bahnhof Friedland soll in zwei bis drei Jahren um ein neugebautes Besucherzentrum ergänzt werden. So richtig fertig ist das Museum ohnehin noch nicht. So gibt es bei den Eintrittskarten noch nicht einmal einen Gruppentarif. Einen Preisaushang sucht man vergeben. (gaf)

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Die Bundesbehörden sind im Moment damit beschäftigt, die Rückstände bei den Asylverfahren abzuarbeiten, die durch die Welle im Herbst 2015 entstanden sind.