Was fehlt der Handweberei Rosenwinkel an Kenntnissen, um als sozialer Wirtschaftsbetrieb für die Zukunft gerüstet zu sein? Die SPD-Kreistagsfraktion ging dieser Frage vor Ort nach, weil im Kreistag eine Diskussion aufgekommen war, die der betroffenen Einrichtung mit ihrem über 150 Mitglieder zählenden Trägerverein gar nicht gelegen kam. Die Liberalen zeichneten ein Bild, wonach diesem sozialen Betrieb nötige wirtschaftliche Kenntnisse fehlten, um zukunftsfest zu sein.

„Dabei haben wir schon fast jede genauestens dokumentierte Unternehmensberatung mitgemacht, die man sich vorstellen kann“, berichtete Geschäftsführerin Silvia Hesse den zum Rittergut Besenhausen an der Grenze zu Thüringen angereisten Kreistagsabgeordneten. Nicht ohne stolz berichtete Werkstattleiterin Nele Knierim, eine ausgebildete Textildesignerin, vom Innovationspreis 2010 des Landkreises Göttingen. Mit einer speziellen Filz-Reservierungstechnik schaffte es die auf kleine Stückzahlen spezialisierte Handweberei, eine Stoffoberfläche zu erzeugen, die etwa bei Inneneinrichtern, Architekten, Raumausstattern, Systembüroeinrichtern und Akustikberatern neue Einsatzgebiete verspricht.

„Die Handweberei kann sehr flexibel reagieren und durch minimales Umstellen der Kettdichte, Schussdichte oder der Bindung, das Gewebe für jede Anforderung optimieren. Für eine Maschinenweberei ist so ein kurzfristiges Reagieren auf besondere Anforderungen fast gar nicht oder nur unter sehr großem Aufwand möglich“, heißt es in der Begründung für den dritten Platz beim Innovationspreis in der Kategorie „Handwerk und Dienstleistungen“. Als Preis bekam die Handweberei Rosenwinkel ein Experten-Coaching im Wert von 3 000 Euro. Friederike Sidio, Vorsitzende des Trägervereins: „Gerne nehmen wir den Preis entgegen, aber eine generelle Unkenntnis über die Marktverhältnisse lassen wir uns nicht unterstellen!“

Es sei ja schließlich kein Zufall, dass die Handweberei seit fast 20 Jahren existiere. Sie ist mit 14 Webstühlen ausgestattet; der älteste stammt von 1870. Die zwei modernsten Geräte sind computergesteuert und lassen sogar die Herstellung komplizierter Muster, etwa bei Kindersachen und Kirchentextilien zu. Auf die veränderte Kundennachfrage habe die Handweberei längst reagiert. Noch mehr als bisher werde auf konkrete Bestellung produziert. Bereits vor gut drei Jahren wurde der Personalstamm, allesamt Frauen, die auf dem regulären Arbeitsmarkt keine Chance hätten, auf 11 Stellen mehr als halbiert. Brunhild Ralle, sozialpolitische Fraktionssprecherin: „Die öffentlichen Zuschüsse sind durchweg gut angelegtes Geld. Ins schlechte Licht sollte man die Handweberei nicht setzen.“ Zu den Planungen gehören vermehrte kulturelle Veranstaltungen auf dem Rittergut, mit dem die Handweberei neue Interessenten anziehen möchte.

Handweberei
Textildesignerin Nele Knierim zeigt den Kreistagsabgeordneten die Kunst des Handwebens. Links im Hintergrund: Friederike sidio, die Trägervereinsvorsitzende.

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