Vor fünf Jahren klang alles so einfach: Weil der Landkreis sein Jugend- und Schullandheim Pelzerhaken an der Ostsee nicht länger subventionieren könne, müsse das 14.500 Quadratmeter große Grundstück eben verkauft werden. Das beschloss die schwarz-grüne Kreistagsmehrheit im September 2006 mit dem Landrat. 2007 schloss der Landrat gar das Landschulheim, obwohl für das Jahr über weit über 10.000 Vorausbuchungen vorlagen.

Ein Förderverein mit 18.000 Menschen im Rücken kämpft bis heute für den Erhalt der 1950 gegründeten Einrichtung. Es gründete sich sogar eine gemeinnützige Gesellschaft, die zur Rettung des Schullandheimes dessen Betrieb übernehmen wollte und dem Landkreis zugesagt hatte, ihn ab 2007 von den laufenden Kosten freizustellen. Doch der Landrat hielt noch nicht einmal ein Gespräch mit der gemeinnützigen Gesellschaft für nötig.

Im Jahr 2008 schloss der Landrat dann ein Jahr nach der Schließung einen Kaufvertrag mit einem Investor ab. Drei Millionen Euro stellte er als Einnahmen in den Kreishaushalt. Eine Luftbuchung, wie sich herausstellt. Denn wer nun denkt, dass der Verkauf des Schullandheims in der Gemeinde Neustadt in Holstein nach so langer Zeit längst erledigt wäre, der irrt gewaltig. Wie die Kreistagsabgeordneten Jörg Wieland und Ronald Schminke nach einem Besuch im hohen Norden berichten, gammeln die Gebäude vor sich hin. „Die Situation hat sich dramatisch verschlechtert“, berichtet Wieland anhand von Fotos. Sie zeigen eingeschlagene Fenster, verschimmelte Wände und angebrannte Gegenstände. Die Perle von einst ist ein Schandfleck geworden. „Die Bürger in Neustadt beschweren sich schon über den untragbaren Zustand der riesigen Anlage“, berichtet Wieland. Die Dächer des „Haus am Meeres“ und der ehemaligen Hausmeisterwohnung sind längst undicht, Jugendliche feiern Saufgelage im ehemaligen Speisesaal. Die Substanz der Gebäude, deren Türen überwiegend unbeaufsichtigt offen stehen, schwindet von Monat zu Monat, während die Natur von der einstigen „Perle an der Ostsee“ Besitz ergreift, beklagen die Sozialdemokraten.

Das Schullandheim ist trotz Kaufvertrages nicht verkauft, weil laut Vertrag die Stadt Neustadt erst einen Bebauungsplan aufstellen muss. Und zwar bis 30. November 2009. So hatte es der Investor gewollt. Er will dort ein „Aparthotel“ errichten. Das wollen jedoch die Neustädter nicht. Ihr städtebauliches Entwicklungskonzept sieht eine andere Nutzung vor. Deshalb hat die Stadt die Aufstellung eines Bebauungsplanes nicht in Angriff genommen und will dies nach eigenen Angaben auch nicht.

Nun klammert sich der Landrat weiter an den Kaufvertrag und hat die Frist für die Aufstellung eines B-Planes mehrfach verlängern lassen. Sie gilt nun bis 30. November 2011. Ein pikantes Datum, denn der Landrat scheidet am 31. Oktober 2011 aus seinem Amt. „Der Landrat weiß schon jetzt, dass die Stadt Neustadt keinen Bebauungsplan aufstellt und damit der Kaufvertrag hinfällig wird“, kritisiert Wieland. Denn das habe die Stadt nachdrücklich abgelehnt. Die Folge: Das Jugend- und Schullandheim, nun eine Ruine am Meer, bleibt im Eigentum des Landkreises. „Durch diesen hochspekulativen Kaufvertrag ist dem Landkreis ein massiver Vermögensschaden entstanden“, kritisiert Ronald Schminke. „Dafür ist der jetzige Landrat verantwortlich.“

Deutlich äußert sich Ronald Schminke, der auch Landtagsabgeordneter ist und schon als Schüler Pelzerhaken besuchte: „Wer so etwas zulässt, handelt nicht nur verantwortungslos, sondern pflichtwidrig.“ Nicht auszuschließen sei, dass der Landrat wegen der Vernichtung von Kreisvermögen strafrechtlich zu belangen sei.

Die SPD-Kreistagsfraktion hat nun eine umfangreiche Anfrage an die Kreisverwaltung gestellt. Sie will damit das Ausmaß des finanziellen Schadens und das pflichtwidrige Handeln des Landrates deutlich machen. „Sobald die Antwort vorliegt, werden wir eine rechtliche Bewertung vornehmen und weitere Schritte gegen den Landrat prüfen“, kündigt Wieland an.

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