Der Kreisausschuss fasst heute einen Beschluss über eine Oberschule (OBS). Häufig wird behauptet, es gehe um die Schließung der OBS in Hattorf. Dabei ist genau das Gegenteil richtig: Um die Zukunft des Schulstandortes Hattorf zu sichern, soll er sich künftig an Herzberg orientieren. Der Harz-Kurier bat den SPD-Kreistagsabgeordneten Dr. Andreas Philippi um eine Stellungnahme. Der mahnt zu mehr Sachlichkeit in der Schuldebatte.

Dr. Andreas Philippi (SPD) schreibt: "Jede Veränderung in der Schulstruktur ist schmerzhaft. Notwendige Veränderungen zu unterlassen, ist allerdings verantwortungslos und deshalb rate ich allen Beteiligten an, sich nicht von Emotionen leiten zu lassen, sondern nüchtern die Faktenlage zu bewerten.

Dazu gehören: Die massiven Rückgänge der Schülerzahlen, besonders extrem im Altkreis Osterode; das nachhaltig veränderte Anwahlverhalten (Gesamtschulen und Gymnasien im Aufwind, massive Rückgänge bei OBS, Realschule und Hauptschule), das sich durch die Elternbefragung bestätigt hat; der erhebliche Investitionsbedarf in die in die Jahre gekommenen Schulgebäude, die den Landkreis zwingen sich auf die Standorte mit Perspektive zu fokussieren; die zwingenden Vorgaben des Landes: konkret dauerhaft mindestens Zweizügigkeit bei Oberschulen; dahinter die klare gesetzgeberische Entscheidung des Landtages: Schulgrößen bemessen sich an der pädagogischen Qualität und nicht an lokalen Standortinteressen.

Konkret zu Hattorf/Wulften: Wir reden nicht über Grundschüler; wir reden über 10- bis 16- jährige Schüler! Anders als vielfach kolportiert: Der Landkreis zieht sich nicht aus Hattorf zurück, wohl aber aus Wulften. Warum? Seit vielen Jahren wurde nicht in das Gebäude in Wulften investiert und die Bauunterhaltung auf ein Minimum reduziert. Das hat der Kreistag des Altkreises Osterode 2013 so beschlossen, in der klaren Absicht, die Außenstelle Wulften auslaufen zu lassen.

Wollten wir diese Entscheidung revidieren, müssten wir einen Millionenaufwand am Bedarf vorbei finanzieren. Da aber das Investitionsbudget gedeckelt ist (Vorgabe Innenministerium), ginge das zulasten der Investitionen an perspektivreichen Standorten und damit zulasten aller Schüler. Anders Hattorf: Die Schule ist im Wesentlichen auf dem Stand und wird weiter als OBS-Standort benötigt und auch betrieben werden. Allerdings benötigt die OBS Hattorf derzeit zwölf Klassenräume (Minimum für eine OBS!), das Gebäude in Hattorf hat aber nur acht.

Die logische Konsequenz ist: Hattorf und Herzberg werden als gemeinsame OBS mit zwei Standorten geführt. Rational gedacht spricht dagegen gar nichts: Ob Hattorfer Schüler nach Herzberg oder Wulften fahren, ob Hördener, Elbingeroder nach Herzberg oder Hattorf statt nach Wulften fahren, ist nicht wesentlich. Und wenn Fünft- und Sechsklässler aus Wulften nach Hattorf fahren müssen, dürfte auch das nicht problematisch sein; andere im Landkreis haben ganz andere Fahrzeiten und -entfernungen.

Gibt es eine Schlechterstellung des Altkreises Osterode gegenüber dem Altkreis Göttingen? Gefühlt anscheinend ja. Die Wirklichkeit sieht genau andersherum aus. Der Altkreis Göttingen (ohne die in Schulträgerschaften eigenständige Stadt Göttingen) hat ca. 50 Prozent mehr Einwohner als der Altkreis Osterode, aber nur zwei Oberschulen, der Altkreis Osterode dagegen 4. Außer Walkenried hat jede Gemeinde/Samtgemeinde im Altkreis Osterode ein Sekundar-I-Angebot, im Altkreis Göttingen gab es schon seit den 1970ern in drei Bereichen (Staufenberg, Radolfshausen und Gleichen) keines.

Die letzte Wahlperiode vor der Fusion mit Reuter als Landrat hat der Altkreis Göttingen konsequent die Schulstruktur dem aktuellen Bedarf angepasst, indem die Sek-I-Standorte in Adelebsen und Rosdorf geschlossen wurden, während der Altkreis Osterode diese schmerzhaften, aber notwendigen Schritte auf die Zeit nach der Fusion verschoben hat.

Ich hoffe, dass bald wieder ein sachlicher Umgang miteinander möglich ist, denn Schulpolitik ist gänzlich ungeeignet sich parteipolitisch zu profilieren.