Dem Kreistag wurde heute ein Antrag aus dem Wirtschaftsausschuss vorgelegt, der fordert, das seit zehn Jahren geplante Logistikgebiet Hebenshausen/Neu-Eichenberg (Nordhessen) pauschal abzulehnen. Das tut die SPD-Kreistagsfraktion nicht, wie Fraktionsmitglied Gregor Motzer vor dem Kreistag erläutert. Das Gebiet mit drei Anschlussgleisen zur Bahnstrecke Frankfurt-Göttingen stärkt die Region länder- und landkreisübergreifend, ist sich Motzer sicher. Eine große Mehrheit im Kreistag teilt das.

Rede von Gregor Motzer (SPD) zum Sondergebiet Logistik Neu-Eichenberg

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Vorsitzender, Herr Landrat,

es völlig irrelevant, was der Göttinger Kreistag zu den Plänen von Neu-Eichenberg sagt. Aber lassen Sie uns das trotzdem ausführlich diskutieren. Der Antragssteller hatte Gelegenheit, den Antrag sowohl im Bau- als auch im Kreisausschuss zurück zu ziehen. Weil deutlich wurde, dass es diese Einflussmöglichkeit für uns gibt. Die Gruppe Linke Piraten Partei in ihrer schier grenzenlosen Weisheit zwingt uns dennoch zu Beratungen und zu einem Beschluss. Dabei geht es längst nicht mehr um die Sache selbst. Aber seien wir ehrlich, das war schon beim ersten Lesen des Antrags offensichtlich. Die politische Arroganz und Selbstgefälligkeit tritt in diesem einen simplen Antragssatz deutlich zu Tage:

„Der Kreistag Göttingen lehnt das Sondergebiet Logistik zwischen Hebenshausen und Eichenberg, Bahnhof, ab.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

  • Seit vielen Jahren versuchen wir uns in Südniedersachsen und Nordhessen als Logistik- und Mobilitätsstandort zu profilieren
  • Wenn wir als Landkreis unseren Wirtschaftsstandort charakterisieren, dann verweisen wir auf unsere Cluster: Life Science, Verpackung, Automotive, Informations- und Kommunikationstechnologie, der ganze Bereich Bildung und – ja – LOGISTIK.
  • Wir bauen das Güterverkehrszentrum GVZ Göttingen
  • Wir bauen das Güterverkehrszentrum Logistikpark Siekanger
  • wir veranstalten Logistiktagungen in Göttingen

Wir haben ein Logistik- und Mobilitätscluster Göttingen/Südniedersachsen kurz LMC. Das LMC ist zentraler Ansprechpartner zum Thema Logistik und Mobilität in der Region. Das Ziel: Göttingen zu einem führenden Logistikstandort in Deutschland zu etablieren.

Und warum machen wir das alles?

Muss ich erwähnen, dass Göttingen zentral in Deutschland liegt? An den beiden wichtigsten Verkehrsachsen von Schiene und Straße in Nord-Süd-Richtung?

Muss ich erwähnen, dass die ausgebuchten Logistikzentren diese Attraktivität belegen?

Alternativen außerhalb der teuren und überlasteten Logistikhochburgen sind gefragt, ideale Anbindung an Verkehrsträger und vorhandene Logistikkompetenzen sind hier von Vorteil. Göttingen und die Region bieten das.

Und wir sind nicht die Einzigen die das erkannt haben.

Der Werra-Meißner-Kreis schreibt: „Direkt am Schnittpunkt der Autobahnen A 7 und A 38 bietet dieses Areal zwischen Göttingen und Kassel eine ideale Ausgangsposition für Logistikverkehre von und nach Osten. Auch durch die Gleisanbindung des Geländes und den nahegelegenen Schienenknotenpunkt Neu-Eichenberg ist ein optimaler Gütertransport und Personenverkehr in alle Himmelsrichtungen gegeben. Fazit: ein idealer Standort, erst recht für einen Logistikpark.“

Seit 2009 sind diese Flächen im Regionalplan Nordhessen als Vorranggebiet für Industrie und Gewerbe ausgewiesen. Seit bald 10 Jahren!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, haben Sie sich eigentlich mal angesehen, was wenige Meter weiter die Region und die Stadt Kassel machen? Haben Sie sich mal die Dimensionen des Güterverkehrszentrum Kassel vor Augen geführt?

Das Ziel der Region Nordhessen: eines des führenden Logistikzentren Europas zu sein

Dagegen ist unser Ziel „ein führender Standort in Deutschland zu sein“ ja geradezu bescheiden.

Und jetzt kommen unsere Populisten von Links – greifen die Proteste vor Ort gegen die Änderungen am Bebauungsplan auf und halten uns das Stöckchen hin. „Was wir machen, spielt keine Rolle. Die dürfen das nicht!“ Mit welcher Begründung? Die Gemeinde Friedland könnte ja davon betroffen sein. Was, bitte schön?

Selbstverständlich ist die Gemeinde Friedland davon betroffen, das neue Logistikgebiet liegt nur wenige Meter weiter. Und ja, es soll das größte zusammenhängende Logistikgebiet in der Region Nordhessen und Südniedersachsen sein. Ganz klar hat das Auswirkungen auf die umliegenden Dörfer und Gemeinden. Niemand ignoriert das. Niemand verneint das. Das wird doch längst in den öffentlichen Bewteiligungsverfahren abgearbeitet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

Ich bin absolut damit einverstanden, dass wir bei solchen Projekten immer einen Blick auf das Ganze werfen: Ist ein solches Logistikgebiet sinnvoll oder sollten wir Ackerland für die Landwirtschaft sichern, keine weiteren Flächen versiegeln und Emissionen vermeiden? Was wiegt mehr: Das Interesse Einzelner oder das Allgemeinwohl? Ist das sinnvolle Wirtschaftspolitik oder nicht? Ist das die richtige Schwerpunktsetzung? Hat das eine Zukunftsperspektive und bringt uns das voran?

Aber genau diese grundsätzlichen Diskussionen zum Sondergebiet Logistik in Neu-Eichenberg wurden vor gut 10 Jahren geführt. Und es wurde entschieden. Und angesichts der Entwicklungen in der Logisitikbranche und der Tatsache, dass es in Göttingen keinerlei Flächen mehr zu vermarkten gibt, ist dieser 10 Jahre alte Beschluss aktueller denn je. Und jetzt kommen Sie und sagen: Alles egal, das dürfen die nicht.

Übrigens: Die jetzt kritisierten Änderungen des Bebauungsplans wurden bereits 2013 eingeleitet. Also fast 5 Jahre vor Verkauf des Geländes.

Sie werden sich jetzt denken können, zu welchem Ergebnis die SPD-Fraktion kommt: Die SPD sagt ganz klar: Wir sind eine Logistik- und Mobilitätsregion. „Logistik ist hier am Wirtschaftsstandort Göttingen willkommen!“. Und natürlich respektieren wir ähnliche Ziele der Landkreise und Gemeinden in Nordhessen. Wir sehen das nicht als Konkurrenz, nein, das stärkt unsere Region insgesamt, unseren Landkreis insbesondere dann, wenn ein Logistikstandort wie Neu-Eichenberg umittelbar an unseren Landkreis angrenzt.

Und es geht um Arbeitsplätze. Ich zitiere erneut: „Es ist zu erwarten, dass viele dieser Arbeitsplätze auch Menschen zugänglich sein werden, die nur über geringe Qualifikationen und Ausbildung verfügen. In diesem Segment des örtlichen Arbeitsmarktes, der durch die Universität und ihr wirtschaftliches Umfeld stark auf das akademische Milieu ausgerichtet ist, sehen wir gravierende Defizite. Selbst bei hohem Automatisierungsgrad ist zu erwarten, dass das GVZ die Arbeitsmarktsituation im Bereich gering qualifizierter Beschäftigungsverhältnisse spürbar entlasten wird.“

Wissen Sie, wer diese Auffassung vertrat? Die Göttingen Grünen in der Begründung ihrer Zustimmung zum Güterverkehrszentrum GVZ III – Siekanger. Das hätte so auch bei der SPD stehen können.

Aber liebe Grüne, bei allem Respekt vor eurer Entscheidung an dieser Stelle, da waren noch mehr gute Argumente zu lesen, die ich auch für Neu-Eichenberg geltend machen will. Da heißt es:

  • … trägt zur Standortsicherung anderer Unternehmen bei
  • … zusätzliche Wertschöpfung in die Region
  • … Gewerbesteuereinnahmen erhöhen die Handlungsfähigkeit

Ich glaube in allen anderen Regionen in diesem Land würden auch die Linken diese Aussagen unterschreiben. Nur in Göttingen nicht.

Die SPD-Fraktion wird sich diesem Antrag nicht anschließen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Link zur Bauleitplanung der Gemeinde Neu-Eichenberg Sondergebiet Logistik