Heute hat der Kreistag den Antrag beraten, mit dem bewirkt wird, dass der Landkreis Göttingen dem überparteilichen Bündnis "Niedersachsen für Europa" beitritt, ebenso der Europa-Union. Die SPD-Kreistagsfraktion hat beide Schritte ausdrücklich befürwortet. Fraktionschef Reinhard Dierkes liefert die Begründung: "Ich will gleich zu Beginn darauf aufmerksam machen, dass es nach dieser Formulierung eben nicht nur um die Europäische Union geht, es geht vielmehr um den Kontinent Europa.

Es wird damit sprachlich erkennbar, dass es mit dieser Formulierung offensichtlich nicht nur um die Europäische Union geht, es geht vielmehr um Europa insgesamt, um den europäischen Kontinent. Aus dieser Formulierung ist daher auch mehr abzuleiten, als lediglich ein Appell zur Wahl des Europäischen Parlaments. Es ist ein Aufruf zur politischen Zusammenarbeit auch mit den Ländern, die nicht der EU angehören oder die EU wie im Fall Großbritannien demnächst verlassen.

Europa steht heute in weitesten Teilen für Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Achtung der Menschenrechte. Nicht überall auf diesem Kontinent sind wir mit dem erreichten Demokratiestatus zufrieden, wir können uns hier und da lebhaft ein Mehr an demokratischen Tugenden vorstellen. Vergessen wir dabei auch nicht, dass dem Beitritt von heutigen Mitgliedsstaaten in einigen Fällen der Sieg von Demokratie und Rechtsstaat über undemokratische Strukturen vorausgegangen ist. So war es nach dem Ende der faschistischen Diktaturen in Griechenland, Portugal und Spanien, und genauso haben wir es nach dem Fall der Diktaturen in Mittel- und Osteuropa erlebt – wenngleich im letzteren Fall momentan nicht alles zum Besten steht.

Für meine Fraktion und die gesamte SPD steht Europa für jahrzehntelangen Frieden und wirtschaftliche Prosperität – wenn auch letztere nach sozialdemokratischer Überzeugung nicht überall und in ausreichend gleichem Ausmaß bei jedem Bürger, bei jeder Bürgerin ankommt. Daran – also an einem europäischen Sozialkonzept – muss das nächste Europäische Parlament mit Hochdruck arbeiten, um insbesondere die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer überall wieder zu überzeugten Europäern zu machen.

Für viele Bürgerinnen und Bürger – auch für mich – gilt der Satz: Europa ist mir das wichtigste Anliegen meines Landes! Soll heißen: Diese Menschen sind überzeugt, dass das nationale Anliegen früher oder später aufgehen sollte, nein: aufgehen wird in einer doch bei vielen Menschen schon vorhandenen europäischen Identität, in einem breiten, sich über alle gesellschaftlichen Bereiche entwickelnden integrativen europäischen Handlungsrahmen. Das hinter dem rückwärts ausgerichteten Identitätskonzept der Rechten sich verkriechende und für mich unerträgliche braune Gestammel über nationale oder gar völkische Identität und Patriotismus, über ethnischen und nationalen Pluralismus weisen wir als Demokraten laut vernehmbar zurück.

Europa ist es wert, dass wir Parlamentarier nach Straßburg und Brüssel schicken, die den europäischen Gedanken verinnerlicht haben und die sich wählen lassen, um die bürgerlichen Freiheiten und den relativen Wohlstand auf dem europäischen Kontinent durch kluge Politik weiter zu fördern und im Sinne sozialer Teilhabe für alle Menschen auszubauen. Dafür steht die Initiative „Niedersachsen für Europa“ und deswegen können wir uns dahinter mit Überzeugung versammeln, ebenso wie wir als Landkreis Göttingen die Gelegenheit nutzen und der in Göttingen sehr aktiven „Europa Union“ beitreten wollen.

Lassen Sie mich mit einem Zitat enden: „Wenn Europa einmal einträchtig sein gemeinsames Erbe verwalten würde, dann könnten seine drei- oder vierhundert Millionen Einwohner ein Glück, einen Wohlstand und einen Ruhm ohne Grenzen genießen.“ Dieses Zitat stammt – welche Ironie – vom ehemaligen britischen Premierminister Winston Churchill