Beschlussvorschlag für den Sozial-und Gesundheitsausschuss am 23.05.2013, Top 5, Bezug Vorlage: 0026/2013 zur weiteren Beschlussfassung im Kreisausschuss und im Kreistag (12.06.2013)

Der Sozial-und Gesundheitsausschuss und der Kreisausschuss mögen empfehlen, der Kreistag möge beschließen:
Die Angemessenheitsgrenzen i.S. d. § 22 Abs. 1 SGB II und § 35 SGB XII werden unter Be­rücksichtigung folgender Regelungen zum 1.4.2013 wie folgt umgesetzt:

Die neu ermittelten Mietobergrenzen gelten bei Neuanträgen und für Bedarfsgemeinschaften, die sich für einen freiwilligen Umzug entschieden haben. Bei den Bedarfsgemeinschaften, bei denen die neuen Mietobergrenzen die alte Mietobergrenze übersteigen, wird eine Anpassung vorgenommen.
Die neue Mietobergrenze findet dann keine Anwendung, wenn ein durchgehender Leistungs­bezug besteht und die anerkannte Miete innerhalb der bis zum 31.3.2013 angewendeten Wohngeldtabelle liegt oder persönliche Gründe zur Anerkennung einer höheren Mietober­grenze geführt haben.
Wenn bei Neuanträgen ab dem 1.4.2013 oder bei freiwilligen Umzügen die Mietkosten weni­ger als 10 Prozent über den neuen Mietobergrenzen liegen, soll aus Gründen der Verwal­tungsvereinfachung geprüft werden, ob eine Kostensenkungsaufforderung entbehrlich ist (sog. „Bagatellfälle“). Dies wäre beispielsweise dann der Fall, wenn nur mit einem kurzen Leistungsbezug zu rechnen wäre.
Eine Aufforderung zum Wohnungswechsel und eine Absenkung der KdU unterbleiben, wenn ein Umzug unwirtschaftlich wäre. Gleiches gilt, wenn der Umzug in Orte ohne regelmäßige, öffentliche Verkehrsverbindungen erfolgen müsste.
Ab dem 1.10.2013 werden Kostensenkungsaufforderungen, gestaffelt nach Höhe der Abwei­chungen der tatsächlichen KdU von den Angemessenheitsgrenzen, erfolgen (Beginn der 6 Monatsfrist nach § 22 Abs.1. SGB II). Zunächst erfolgen Kostensenkungs-aufforderungen an Bedarfsgemeinschaften mit den größten Abweichungen der tatsächlichen KdU von der An­gemessenheitsgrenze.
Die Verwaltung wird beauftragt, die Angemessenheitsgrenze zum 1.7.2014 fortzuschreiben. Vorab wird die Verwaltung dem Fachausschuss einen Erfahrungsbericht über die Umsetzung der Mietobergrenzen, die ab dem 1.4.2013 gelten, vorlegen.
Bei der Prüfung der Angemessenheitsgrenzen zum 1.7.2014 werden Aspekte, wie z.B. Stu­denten auf dem Göttinger Wohnungsmarkt, Anstieg der Wohnungslosen in der Stadt Göttin­gen und Entwicklung der Wohnungssituation in „Problemhäusern“ (solche Häuser, die eine mindere Wohnqualität bieten, aber einen hohen Mietpreis pro Quadratmeter haben), beson­ders betrachtet.
Folgende Umstände sind bei der Einzelfallprüfung besonders zu berücksichtigen. Sie führen in der Regel dazu, dass von einer Aufforderung zum Wohnungswechsel und einer Absenkung der KdU abgesehen wird:
• Bei nur voraussichtlicher kurzer Bedürftigkeit (bis 6 Monate)

• Personen die älter als 55 Jahre sind und schon mindestens 10 Jahre in ihrer Wohnung leben, wenn die angemessene Kaltmiete 10% nicht überschreitet.

• Alleinerziehende und BGs mit mindestens 1 Kind im grundschulpflichtigen Alter, wenn die angemessene Kaltmiete 10% nicht überschreitet

• Bei Haushalten, in denen eine Person lebt, die das 65.Lebensjahr vollendet hat und innerhalb der letzten 10 Jahre wegen eines Todesfalls innerhalt des Haushalts bereits eine kleinere Wohnung bezogen hat.

• Bei Haushalten, in denen innerhalb der letzten 18 Monate ein Todesfall eingetreten ist

• Wegen Krankheit oder Behinderung einer Person im Haushalt

Dem Gutachten liegen die kalten Nebenkosten aus 2011 zugrunde. Die Verwaltung wird ge­beten zu prüfen, ob bis Herbst 2013 – möglichst zum 1.10.2013 – die aktuellen kalten Neben­kosten für 2012 erhoben werden können oder eine allgemeine Steigerungsrate (2012 zu 2011) erhoben werden kann. Außerdem wird die Verwaltung gebeten zu prüfen, ob aufgrund der Ergebnisse der eben genannten Prüfung die Mietobergrenzen kurzfristig anzuheben sind. Der Fachausschuss ist über das Ergebnis der Prüfung zu informieren.
Es wird angestrebt, auf energetisch sanierten Wohnraum ab dem 1.7.2014 einen Zuschlag zu gewähren. Die Verwaltung wird gebeten, hierzu einen Vorschlag zu erarbeiten, der sich an dem Konzept der Region Hannover orientieren könnte.
Die Verwaltung wird gebeten einen Kriterienkatalog zu erstellen, wie möglichst viele (alte) Klageverfahren um KdU bei den Sozialgerichten durch Vergleiche beendet werden können. Ein Vergleich sollte insbesondere bei den Verfahren erfolgen, bei denen die Kosten des Ver­fahrens außer Verhältnis zu dem mit ihm verfolgten Zweck stehen (Prozessökonomie). Zur Beendigung solcher Verfahren soll die Verwaltung, je nach Bewilligungszeitraum, entweder § 8 WoGG plus 10 % Sicherungszuschlag oder § 12 WoGG plus 10 % Sicherungszuschlag den Klägern anbieten.
Alle Maßnahmen des Jobcenters im Zusammenhang mit der Senkung der Kosten der Unter­kunft müssen den Betroffenen verständlich und in der Regel persönlich, z.B. bei den Regel­terminen, erläutert werden. Bei den anhängigen Widerspruchsverfahren soll das neu beim Landkreis Göttingen eingerich­tete Beschwerdemanagement verstärkt einbezogen werden.
Nach § 22 SGB II a (Satzungsermächtigung) können Länder die Landkreise ermächtigen, die Kosten für Unterkunft in einer Satzung zu regeln. Eine solche Ermächtigung gibt es in Nieder­sachen bisher nicht. Das Land wird gebeten, eine solche Satzungsregelung zu ermöglichen.
Neben diesen Regelungen geht der Kreistag davon aus, dass in jedem Einzelfall über die KdU zu entscheiden ist. Hierbei ist den Besonderheiten bei Bedarfsgemeinschaften mit al­leinerziehenden Frauen und Männer, kinderreichen Familien, älteren Menschen und Behin­derten Rechnung zu tragen, ein Umzug ist zu vermeiden. Die eigene Wohnung ist für die Be­troffenen ein hohes Gut. Daher ist besonders die Verhinderung von Obdachlosigkeit Kernauf­gabe des Fallmanagements.
Die Bemühungen in der Stadt Göttingen, neuen preisgünstigen Wohnraum zu schaffen, wer­den ausdrücklich begrüßt. Auch die anderen Gemeinden werden ermuntert hier aktiv zu wer­den. Hiermit könnte sich auch die Situation von wohnungssuchenden SGB II Leistungsbe­rechtigten insgesamt verbessern.
Die Begründung erfolgt mündlich.