Rede von Reinhard Dierkes, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion Göttingen

im Kreistag am 25. Februar 2015

Investitionshilfeprogramm für Gemeinden 2015 - LunIlaR Landkreis unterstützt Investitionen im ländlichen Raum

Anrede

Sie wissen es alle: Die kommunalen Finanzen im Landkreis Göttingen entwickeln sich seit Jahren unterschiedlich und wir müssen diesen Prozess aus diesem Grund auch differenziert beurteilen. Die Auswirkungen werden vielen von uns gelegentlich recht deutlich vor Augen geführt, wenn wir neben unserem Kreistagsmandat auch noch ein Mandat im Gemeinderat wahrnehmen und uns mit der finanziellen Situation dort auseinandersetzen. Es gibt Gemeinden in unserem Landkreis, die haben auf den Einwohner bezogen eine Steuerkraft, die gerade einmal knapp 40 Prozent dessen beträgt, was wir von unserem Spitzenreiter kennen. Und trotz aller Anstrengungen in diesen Gemeinden gelingt es nicht, die Situation grundlegend zu wenden. Das hat verschiedene Gründe.

Aktuelle Prozesse in unserer Gesellschaft, die sich mit dem herkömmlichen Instrumentarium politisch kaum auffangen lassen, stehen momentan einer besseren Entwicklung diametral entgegen. Ich nenne hier beispielhaft nur die deutlich erkennbare Tendenz zur wirtschaftlichen Konzentration und das Problem der demografischen – und damit auch ein Stück weit der wirtschaftlichen – Perspektive in den ländlichen Gemeinden. Ergebnis einer solchen finanzpolitisch sich auswirkenden Entwicklung ist oft eine unzureichende Investitionsfähigkeit im ländlichen Raum. Und exakt vor diesem Hintergrund versuchen wir als rot–grüne Mehrheitsgruppe eine haushaltspolitisch kluge und regionale Unterschiede zumindest in Teilen ausgleichende Finanzpolitik zu etablieren. An dieser Stelle setzt unser Investitionshilfeprogramm an, indem es die dem Landkreis zukommende Ausgleichsfunktion in eine finanzielle Unterstützung für die Gemeinden und Samtgemeinden im Umfang von 2 Millionen Euro bei investiven Maßnahmen umsetzt. Die Gemeinden sollen nach unserem Willen bei ihren Investitionen Unterstützung durch den Landkreis erfahren.

Nun macht man so etwas sinnvollerweise nicht, ohne mit den Betroffenen – also den Verantwortlichen in den Kommunen – zu sprechen und sie um ihre Bewertung aus Gemeindesicht zu fragen. Das Ergebnis war für uns ausgesprochen positiv. Denn in diesem Ansatz wissen wir uns absolut einig mit dem Städte- und Gemeindebund im Kreis Göttingen, der sowohl den Umfang von

2 Mio € als auch den verwendeten Verteilungsmechanismus für gut und richtig befunden hat und der im Gegensatz zur Opposition ganz klar erkannte und anerkannte, dass es nur eines geben kann: Umlagensenkung oder Investitionsprogramm und der sich über seine Geschäftsführerin ganz unmissverständlich für dieses Programm entschieden hat und die von der CDU angestrebte Absenkung der Kreisumlage nur als Alternative ins Spiel bringt für den Fall, dass das Investitionsprogramm nicht umgesetzt werden kann. Die leichten Bedenken, die der Städte- und Gemeindebund hinsichtlich einer zu engen Zweckbindung geäußert hat, werden durch die Formulierungen des Programms zerstreut, indem gleich im § 1 geregelt wird, dass Investitionen jeglicher Art gefördert werden, einzige Ausnahme sind Investitionen in den Straßenneubau. Das Verfahren selbst, im § 3 beschrieben, kann als ausgesprochen unbürokratisch, schnell und flexibel bezeichnet werden. Also genau so, wie man sich das vorstellt.

Der größte Vorteil dieses Programms ist aber zweifellos, dass der Verteilermechanismus sicherstellt, dass jede Gemeinde mehr an finanzieller Unterstützung bekommt, als sie durch eine 1,5 %-ige Kreisumlagenabsenkung erhielte. Und dieser Vorteil für die Gemeinden lässt sich mit etwa einer halben Million € beziffern.

Wenn wir uns jetzt noch einmal gemeinsam daran erinnern, dass das Investitionshilfeprogramm ja nur ein Baustein ist neben anderen wie etwa

* den 3,3 Mio € für Investitionen in die Kreisstraßen,

* insgesamt 17,8 Mio € Investitionen in den nächsten 3 Jahren für den Breitbandausbau und

* ca. 4,6 Mio , die wir allein in diesem Jahr in die Schulen und Sportstätten in den Gemeinden investieren,

dann wird doch klar, dass diese Mehrheit alles versucht, um das Leben in den Dörfern und Städten zu unterstützen und auch weiter attraktiv zu halten. Ergänzt werden diese Maßnahmen noch aus dem Südniedersachsenplan des Landes Niedersachsen, der mittelfristig weitere mindestens zwei- bis dreistellige Millionenbeträge in unsere Region lenkt. Sie sehen, da passiert richtig was. Da wird geklotzt – und nicht gekleckert. Und unser Landkreisprogramm passt sich gut in diese Förderkulisse ein.

Sie sollten ernsthaft überlegen, ob dieses Programm nicht doch die Zustimmung der kompletten CDU-Fraktion bekommen kann. Im Finanzausschuss haben Sie es für richtig gehalten, die Investitionshilfen unter Hinweis auf aristokratische Gepflogenheiten abzulehnen. Gestern – im Kreisausschuss – hat dann der wohl eher bürgerliche, volksnähere Teil ihrer Fraktion dem Investitionsprogramm zugestimmt. Ja, was denn nun? Ja – oder Nein?

Die Haushaltsdebatte ist vorüber, der Haushalt beschlossen. Hier geht es um die Ausfüllung eines Haushaltstitels, den sie doch eigentlich mittragen müssten. Sie können sich doch nicht ernsthaft gegen die von den Gemeinden gewünschten Investitionszuschüsse positionieren. Sollten Sie tatsächlich meinen, ihre Verweigerung ließe sich am Verteilungsmechanismus festmachen, der eine Kommune wegen der Höhe der Steuerkraftzahlen ausschließt, dann denken Sie mal an die Sportstättenförderung oder an das Altbausanierungsprogramm. Was die Herkunft der hinterlegten Mittel angeht, beruhen alle drei Programme auf den gleichen finanziellen Grundlagen wie das heute zu beschließende Investitionsprogramm. Bisher haben Sie solche Modelle mitgetragen, ja, Sie waren gelegentlich sogar stolz darauf.

Also: Geben Sie sich einen Ruck und stimmen Sie wie ihre Kreisausschussmitglieder dem Beschlussvorschlag zu!