Interfraktioneller Antrag zur Sitzung des Ausschusses für Kultur, Sport und Partnerschaften (AKSP) am 17.02., des Kreisausschusses am 07.03. sowie des Kreistages am 08.03.2023


Der AKSP und der Kreisausschuss mögen empfehlen, der Kreistag möge beschließen:

Der Kreistag beschließt die wissenschaftliche Überarbeitung und Erweiterung des Jüdischen Gedenkbuches auf das gesamte Gebiet des heutigen Landkreises Göttingen. Das neue Jüdische Gedenkbuch wird sowohl als Buchpublikation als auch gemeinsam mit der Stadt Göttingen als digitales Gedenkportal veröffentlicht. Die Bücher in Auflage von ca. 1.500 Stück werden u.a. den Schulen und Bibliotheken im Kreisgebiet für Unterrichtszwecke, als Geschenke für die Nachkommen der enthaltenen Personen als auch als Gaben für politische Repräsentanten*innen zur Verfügung gestellt. Die hierfür erforderlichen Haushaltsmittel in Höhe von 7.500 Euro in 2023 und 37.500 Euro in 2024 und jährlich 5.000 Euro ab 2025 ff. werden bereitgestellt.

Mit der Recherche der notwendigen historischen Daten, der wissenschaftlichen Aufbereitung und dem Text der Veröffentlichung wird der Historiker Jörg Janßen beauftragt, der bereits die hierfür erforderlichen Vorarbeiten übernommen hat und über entsprechende Urheberrechte verfügt. Mit der Veröffentlichung der Buchpublikation soll der Wallstein Verlag aus fachlichen und urheberrechtlichen Gründen beauftragt werden, der bereits die 1. Auflage publiziert hat. Die Verwaltung wird beauftragt, über die
Veröffentlichung in Form eines digitalen Gedenkportals entsprechende Gespräche mit der Stadt Göttingen zu führen.


Begründung
Der Landkreis Göttingen stellt sich seiner Verantwortung, an das Schicksal jüdischer Einwohner*innen zu erinnern, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden.

Hierzu hat der Altkreis Göttingen 1992 vor der Fusion das Jüdische Gedenkbuch herausgegeben, das heute vergriffen ist. Dieses Werk gilt als wegweisend in der Erinnerungskultur und veröffentlichte hunderte Biografien im Nationalsozialismus ermordeter jüdischer Einwohner*innen unseres Landkreises. Heute dient es noch immer als Grundlage zahlreicher historischer Projekte unserer Schulen, als Informationsquelle für die Gedenkstunden zur Reichspogromnacht am 9. November oder für die Verlegung von Stolpersteinen, die an das Schicksal der Menschen erinnern, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, deportiert und ermordet wurden.

Da der Band nicht mehr zugänglich ist, hat der Kreistag seit mehreren Jahren eine Überarbeitung und Neuauflage geprüft. Die im früheren Band enthaltenen Informationen können bei einer Neuauflage weiter genutzt werden. Als Ergebnis dieser Prüfung hat sich ergeben, dass eine wissenschaftliche Überarbeitung und Ergänzung der vorliegenden Biografien erforderlich ist, da heute dafür vermehrte Quellen, Archive und Aktenbestände zur Verfügung stehen. Neben den weiter entwickelten wissenschaftlichen Standards müssen die aktuellen datenschutz- und urheberrechtlichen Voraussetzungen beachtet werden. Für den bisher noch nicht einbezogenen Altkreis Osterode wurden bereits in den Jahren 2016 und 2017 Vorarbeiten erledigt und ein umfangreicher tabellarischer Namensindex mit Stammdaten erstellt. Die weitergehenden Kurzbiografien stehen bisher nur exemplarisch zur Verfügung und müssen noch umfassend erstellt werden. Hiermit soll Herr Jörg Janßen beauftragt werden, da nur er über die entsprechenden Vorkenntnisse und Vorarbeiten für die weiteren Recherchearbeiten verfügt.

Die Veröffentlichung soll sowohl als Buchpublikation erscheinen, als auch gemeinsam mit der Stadt Göttingen als öffentlich zugängliche Online-Datenbank. Seit 2018 erarbeitet das Stadtarchiv der Stadt Göttingen ein Onlineportal mit den Daten und Biografien jüdischer Mitbürger*innen. Die Grundlage hierfür ist der Text des bisherigen Jüdischen Gedenkbuchs. Die Datenbank der Stadt Göttingen soll in nächster Zeit online gestellt und laufend gepflegt werden. Bei Kostenübernahme durch den Landkreis Göttingen kann diese Datenbank um die Biografien jüdischer Mitbürger*innen im Kreisgebiet ergänzt werden. Die laufende Datenpflege des Portals verursacht nach heutiger Kenntnis für den Landkreis einen jährlichen Aufwand von ca. 5.000 Euro.

Die Buchpublikation in einer Auflage von ca. 1.500 Exemplaren soll den Bibliotheken und Schulen im Kreisgebiet für Unterrichtszwecke zur Verfügung stehen. Der Band besitzt jedoch auch eine repräsentative Funktion und soll den Nachfahren der in ihm enthaltenen jüdischen Mitbürger*innen als Geschenk überreicht werden. Letztlich dient das Buch auch als Gabe bei politischen Begegnungen, Partnerschaften, Jubiläen und anderen Formaten. Die Buchpublikation soll durch den Wallstein Verlag erfolgen, da dieser bereits die ursprüngliche Auflage des Gedenkbuchs veröffentlicht hat und über die notwendigen Erfahrungen und Rechte verfügt.

Die Haushaltsmittel umfassen jeweils 7.500 Euro Honorarkosten für die wissenschaftliche Erarbeitung in den Jahren 2023 und 2024, und ab 2024 jährlich 5.000 Euro Kostenbeteiligung am Online-Gedenkportal der Stadt Göttingen und eines einmaligen Druckkostenzuschusses an den Verlag in Höhe von ca. 25.000 Euro im Jahr 2024.


gez. Heinze / gez. Wirth/Linne / gez. Körner / gez. Stiller / gez. Rüngeling / gez. Fascher