Änderungsantrag der Gruppe SPD / Bündnis 90/Die Grünen zum Antrag der CDU-Fraktion „EU-Kommission plant Verbot von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten“ (Drs. 0269/2022) zur Sitzung des Umweltausschusses am 9. November sowie des Kreisausschusses und des Kreistages am 15. November 2022


Der Kreisausschuss möge empfehlen, der Kreistag möge beschließen:

Die Umsetzung des Niedersächsischen Weges darf durch EU-Vorgaben nicht außer Kraft gesetzt werden. Den aktuellen EU-Kommissionsentwurf zum Totalverbot für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in allen Schutzgebietskategorien sehen wir kritisch, denn er widerspricht dem Niedersächsischen Weg.

Begründung
Mit dem bundesweit einmaligen „niedersächsischen Weg“ ist es gelungen, lange Zeit bestehende Zielkonflikte zwischen Naturschutz, Landwirtschaft und Wasserwirtschaft im Dialog auf Augenhöhe aufzulösen.

Wir stimmen dem EU-Ziel zu, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (PSM) zu reduzieren und befürworten die Pflanzenschutzmittel-Reduzierungsstrategie des Landes Niedersachsen. Das jetzt vorgesehene Verbot in allen gemeldeten Schutzgebieten hätte zur Folge, dass alle Vogelschutzgebiete, FFH-Gebiete aber auch die Landschaftsschutzgebiete und Wasserschutzgebiete betroffen wären. Insgesamt decken die Schutzgebiete rund 68 % der Landkreisfläche ab, das entspricht rund 75 % der landwirtschaftlichen Flächen. Den Kommissions-Entwurf kritisieren wir, da es sowohl bei der konventionellen als auch bei der ökologischen Landwirtschaft in den hier bestimmenden familiengeführten Strukturen eingreift und zu Produktions- und Wertschöpfungseinbrüchen führen wird.

Die bisherigen Schutzgebietsverordnungen, die im Kreistag nach intensiver Beteiligung aller Betroffenen beschlossen wurden, wären nicht mehr bindend. Der Landkreis Göttingen hat sich stets in beispielgebender Weise für den Schutz seiner Landschaft und die Förderung des Naturschutzes und dem Erhalt einer nachhaltigen Landwirtschaft eingesetzt. Die im Landkreis vorhandenen bäuerlichen Strukturen mit einem hohen Anteil von Direktvermarkung und mit der Bereitschaft zur Erhöhung des Ökologischen Landbaus und der Entwicklung zur Ökomodellregion sehen wir durch ein Totalverbot in den Schutzgebieten gefährdet.

Mit dem Niedersächsischen Weg haben wir Strategien erarbeitet, um den Naturschutz in die landwirtschaftliche Praxis zu integrieren und dabei den Einsatz von PSM und Dünger zu reduzieren, um das Wasser besser zu schützen und die Biodiversität zu erhöhen. Dieser Weg muss weiterverfolgt werden, um im ganzen Land die Reduzierung von PSM voranzutreiben. Insbesondere die Förderung von kooperativen Ansätzen wie das Projekt Förderung von Insekten im Ackerbau – kurz FINKA, mit der Verknüpfung biologischer und konventioneller Bewirtschaftungsmaßnahmen, sind für eine flächendeckende und besonders konsensfähige Reduktionsstrategie unabdingbar.

Durch eine flächendeckende Reduktionsstrategie mit der Nutzung von innovativen Techniken und den kooperativen Ansätzen kann der PSM-Einsatz effektiv gemindert werden, ohne nachteilig in die bestehenden Bewirtschaftungsstrukturen einzugreifen. Wir fördern den sukzessiven Ausbau der ökologischen Landwirtschaft mit vollständigem Verzicht von chemischen PSM nach niedersächsischen Koalitionsvertrag, und unterstützen einen Anteil von ökologische Landwirtschaft von 15 % bis 2030 als Mindestziel.


gez. Dr. Thorsten Heinze / gez. Steffani Wirth / gez. Dietmar Linne