Der Kreistag Göttingen fordert den Bundesgesetzgeber auf, sichere rechtliche Rahmenbedingungen für die freiberuflichen Lehrkräfte an kommunalen Volkshochschulen und Musikschulen zu schaffen. Daneben wird das Land Niedersachsen aufgefordert, dieses Ziel auch über eine Bundesratsinitiative voranzutreiben.

Begründung

Die Kommunalen Träger der rund 850 Volkshochschulen mit mehr als 2.700 Außenstellen und 900 öffentlichen Musikschulen sehen deren Situation aufgrund aktueller Rechtsprechung als existenziell gefährdet an. Dies gilt auch für die Volkshochschule Göttingen-Osterode. Freiberufliche Lehrkräfte, die für die Themenvielfalt und -aktualität der Volkshochschulen und Musikschulen von zentraler Bedeutung sind und zu deren Charakteristikum gehören, können gegenwärtig nicht mehr rechtssicher eine Lehrtätigkeit auf Honorarbasis ausüben, denn:

  •  Zwei höchstrichterliche Urteile des Bundessozialgerichts (aus den Jahren 2018 und 2022), die sich in Teilen widersprechen, bilden derzeit die Richtschnur für aktuelle Statusfeststellungen der Deutschen Rentenversicherung (DRV).
  • Die DRV stellt bei Lehrkräften im Gesamtprogramm Sprache, in Erstorientierungskursen, bei Auftragsmaßnahmen der Bundesagentur für Arbeit, bei Schulabschlusskursen sowie in der Ganztagsbetreuung immer öfter eine abhängige Beschäftigung fest.
  • In zunehmendem Maße wird diese Bewertung nun auch auf Lehrkräfte des gesamten, allgemeinbildenden VHS-Kursprogramms ausgedehnt, selbst wenn der jeweils geleistete Stundenumfang einer Lehrkraft gering ist und keine Bindung an ein vorgegebenes Rahmencurriculum vorliegt. 

Aktuell werden über 45% aller Integrationskurse und ein relevanter Anteil an Berufssprachkursen an Volkshochschulen durchgeführt. Derzeit stellt die Deutsche Rentenversicherung (DRV) bei Lehrkräften im Gesamtprogramm Sprache und in den vom Bund geförderten Erstorientierungskursen immer öfter eine abhängige Beschäftigung fest. Die Nachforderungen der DRV führen nicht nur zu einem erheblichen finanziellen Schaden bei den Volkshochschulen, sondern schüren massive Unsicherheiten im Hinblick auf den weiteren Einsatz freiberuflicher Lehrkräfte. Verschärft wird die Situation durch das aktuell geltende Finanzierungssystem, das eine stunden- und teilnehmendenbezogene Vergütung vorsieht. Daher sind die Volkshochschulen nicht in der Lage, Integrationslehrkräften mit Blick auf die kommunalen Haushaltsvorgaben ein tarifgebundenes Festanstellungsverhältnis anzubieten. Dieses Vorgehen entbehrt nach Ansicht der Kommunalen Träger der Volkshochschulen und Musikschulen und deren Verbände jeder Grundlage und führt zur Erosion eines über Jahrzehnte im Vertrauen auf Rechtssicherheit etablierten Funktionssystems der Erwachsenen- und Weiterbildung in Deutschland. Wird die derzeitige Praxis der Statusfeststellungen fortgesetzt, kommen auf die Volkshochschulen und ihre kommunalen Träger zusätzliche finanzielle Belastungen sowie Nachforderungen in erheblichem Umfang zu, die in ihrer Höhe existenzbedrohend sind und zu einer Welle von Insolvenzen und Schließungen von Einrichtungen führen können. Es droht der Wegfall des gesamten Angebots sowie der VHS selbst und somit eines wesentlichen Partners nicht nur bei der Umsetzung der Integrationsarbeit in Deutschland, sondern auch in der Gestaltung zentraler gesellschaftlicher Transformationsprozesse. Damit kann die VHS ihrem Auftrag als kommunale Bildungs- und Integrationseinrichtung nicht mehr nachkommen. Auch für die Volkshochschule Göttingen-Osterode entstünden durch die aktuelle Rechtslage erhebliche jährliche Mehrbelastungen für Landkreis und Stadt Göttingen als kommunale Träger. Bei der schwierigen Haushaltslage von Landkreis und Stadt Göttingen wäre die Volkshochschule GöttingenOsterode daher dazu gezwungen, ihre Integrationsarbeit und ihr Angebot des Zweiten Bildungsweges einzustellen. Um dieses Kernangebot der Volkshochschule zu bewahren, muss der Bund hier dringend handeln. 

Der Kreistag Göttingen fordert daher vom Bundesgesetzgeber:

  • Die freiberufliche Lehrtätigkeit an der Volkshochschule muss dem öffentlichen Auftrag der Erwachsenenbildung entsprechend auch künftig gesetzeskonform und praxistauglich umsetzbar sein,
  • die Schaffung sicherer rechtlicher Rahmenbedingungen für freiberufliche Lehrtätigkeit als Grundprinzip der institutionellen erwachsenenpädagogischen Arbeit uns,
  • dass das zuständige Bundesministerium gemeinsam mit dem BAMF die Rahmenbedingungen im Gesamtprogramm Sprache so gestaltet, dass eine rechtssichere Durchführung mit Honorarlehrkräften auch zukünftig möglich ist.