Rede im Kreistag am 21.12.2022 in Osterode von Birgit Sterr, personalpolitische Sprecherin der SPD-Kreistagsfraktion, zur Antidiskriminierungsstelle


Herr Vorsitzender,
Herr Landrat,
liebe Kolleginnen und Kollegen des Kreistages,

Wir alle wissen, der Schutz vor Diskriminierung ist ein Grundrecht.

Art. 3 des GG garantiert jedem Menschen, dass er nicht wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen, noch seiner Behinderung benachteiligt werden darf.

Und doch - werden Menschen Tag für Tag diskriminiert.

Allein im Jahr 2020 sind die Zahlen der Anfragen nach Beratungen um über 70 % gestiegen.

Nicht nur Bund und Land, auch wir als Kommune müssen dafür Sorge tragen, dass Ungleichbehandlungen abgebaut werden. Betroffenen Menschen sollten wir gerade auch im Landkreis eine Anlaufstelle bieten. Sie sollte eine kompetente Erstberatung mit Hinweis auf Schutz-, Rechts- und Einzelfallberatung vornehmen können.

Deshalb beantragen wir als Gruppe von SPD und Grünen:
Dass die Kreisverwaltung (und hier meinen wir das Gleichstellungsbüro) ein Konzept für eine weisungsunabhängige Antidiskriminierungsstelle erarbeitet.


In diesem Konzept soll u.a. aufgezeigt werden, welche lokalen Rahmenbedingungen, bisherigen Akteure und freie Träger zu berücksichtigen sind.

Es hat mich schon erstaunt, dass es im Personalausschuss Stimmen gab, die sagten, dass es keinen Bedarf an einer Antidiskriminierungsstelle für den Landkreis gäbe.

Denen darf ich sagen, nur weil sie nicht betroffen sind, heißt es nicht, dass es keinen Bedarf gibt. Nicht ohne Grund gibt es seit 2006 das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und die Antidiskriminierungsstelle des Bundes.

Nicht ohne Grund gibt es im Landkreis Schulen mit der Auszeichnung „Schule ohne Rassismus“ wie z.B. die Carl-Friedrich-Gauss-Schule oder die IGS Bovenden.

Nicht ohne Grund haben wir die Angebote zu diesen Themen in den letzten Jahren im Landkreis Göttingen kontinuierlich ausgebaut.

• z.B. unsere Partnerschaft zur Förderung von Vielfalt, Demokratie und Toleranz,
• die Einrichtung eines Integrationsbüros mit seinen vielfältigen Aktivitäten,
• der Beitritt zur Charta der Vielfalt oder
• das Modellprojekt Stay-Dorfkind.

Doch das ist nicht genug.

Alles sind sehr gute Projekte und wir wollen auch keine Doppelstrukturen erzeugen.

Doch wir sind der Meinung, dass gerade durch eine Bündelung und Koordinierung, auch gemeinsam mit den Angeboten der freien Träger und der Stadt Göttingen, viel effizienter zum Wohle der Betroffenen gearbeitet werden kann.

Welche Prioritäten und Konsequenzen wir als politische Parteien aus dem Konzept entwickeln, können wir dann auf Basis dieses Konzeptes diskutieren. Nur dafür brauchen wir erst einmal ein Konzept.

Und ich glaube in der Sache sind wir uns doch einig:

- die Fraktion Die Linke hat einen sehr guten Antrag geschrieben. Der Antrag ging aus unserer Sicht nur einen Schritt zu weit, weil er nämlich einen Blankoscheck enthielt und den Haushaltsberatungen vorgegriffen hätte. Wir möchten erstmal eine Grundlage erhalten, aufgrund derer wir entscheiden. Deshalb unser Änderungsantrag.

- Und die KollegInnen aus der CDU müssten unserem Antrag eigentlich auch zustimmen können. Schließlich hat die CDU-Fraktion im Rat der Stadt Göttingen selbst einen Antrag für ein Konzept für eine Antidiskriminierungsstelle eingebracht.

Zum Schluss muss ich allerdings noch aufzeigen, wie schnell jeder Einzelne von uns betroffen sein kann.

Eine am Wochenende veröffentlichte Studie zeigt, dass 40 % der Befragten der Meinung sind:
Ältere Menschen sollten sich aus der Gesellschaft zurückziehen. Sie sollten Platz machen für die jüngere Generation und wichtige berufliche und gesellschaftliche Rollen aufgeben.

Diskriminierung kann also jeden treffen. Schneller als man glaubt.


Es gilt das gesprochene Wort